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Annette Merkenthaler
Annette Merkenthaler "Anorganische Gewächse" Fotografie und Installation 04.05. - 06.07.2018
„Anorganische Gewächse“ ist die 5. Ausstellung von AM in der Galerie G.
Wir kennen das Wachsen und Pflanzen als ein Kardinal-Thema ihrer künstlerischen Arbeit. AM pflanzt anders, pflanzt seit ca. 30 Jahren Ideen und Bilder, arbeitet in ihren fotografischen Werken mit Zeitverschiebungen, mit Raum und virtuellem Gegenraum. Der Raum, der für sie Bühne und Aktionsfeld ist, ist oft ihr Garten. Normalerweise ist ein Garten mit relativ festen Erwartungen und Vorstellungen verknüpft. Wer allerdings mit AM in ihren Garten geht, begibt sich auch in ihr Laboratorium, in dem sie sich mit Versuchsanordnungen im Spannungsfeld zwischen künstlich und natürlich beschäftigt, Recherche zu Zeitabläufen und -verschiebungen betreibt. Sie arbeitet in und mit Landschaft, geht in den Raum, lotet ihn mit seinen assoziativen Möglichkeiten aus. Ihre fotografischen Interventionen und Inszenierungen zielen immer auch auf Spannungsfelder und darauf, Vertrautes mit einfachen Mitteln radikal unvertraut zu machen. Sie möchte, wie sie einmal sagte, „in die bestehende Welt eine neue Ebene einziehen“.
Aus Denk-Bildern werden reale Inszenierungen.
In ihrem letzten Kunstbuch „und sehen   wie das Gras wächst“ hat sie thematisiert, wie sich in Berliner Brachen die Natur gegen Beton durchsetzt, Organisches gegen Anorganisches behauptet.
In dieser Ausstellung nun kehrt sie Blick und Aktion gewissermaßen um: Anorganische Gewächse invadieren Organisches - die Bühne ist ihr Garten in Winterweiß und Frühlingsgrün.
Die entscheidenden Mitspieler ihrer fotografischen Inszenierungen hat AM diesmal nicht fotografisch gefunden, sondern erfunden, hat sich ihre Gewächse selbst geformt, ist dabei zu ihren Anfängen als Keramikerin zurückgekehrt. Es sind Gewächse besonderer Art - aus einer Handvoll Ton rotes Stachelgras, Muschelohren, schaumige Spitzen und lila Gewürm. In ganzen Scharen wurden sie dann draußen ausgesetzt - Landnahme im Garten, Wanderbewegungen. Im einzelnen starr und statisch geraten sie nun in Bewegung, scheinen auszuschwärmen. Eine ganze Saat Extraterrestrischer, nicht von ungefähr kommt auch ein Flugobjekt ins Spiel. Ein Garten wird zum Invasionsterrain, und das Bildereignis konstituiert sich. AM begreift die inszenierte Fotografie als kreativen Akt; die Keramik-Objekte sind für sie in erster Linie dienstbare Geister, von vornherein geschaffen und bestimmt als Teile ihrer fotografischen Inszenierung. Zwei Wirklichkeitsebenen geben einander neue Bedeutungen; die künstlerische Versuchsanordnung bringt einen Dialog in Gang.
Die fotografische Arbeit „Rotes Gras“ erfährt eine installative Erweiterung in den Galerieraum hinein, welche die grafische Struktur des Fotos und die skulpturalen Mitspieler in ein neues Bezugssystem stellt. Die Schwarmbewegung der Stachelwesen wird gestoppt, AM gebietet mit kleinen Mäuerchen Halt. AMs Dialog-Arbeiten sind oft auch auf Polarität angelegt. Sie spielt ebenso mit Analogien wie auch mit Oppositionen, verwendet gern den Begriff „Gegenspieler“ anstelle von „Mitspieler“.
Das lässt auch spannendere Geschichten in den Köpfen der Betrachter entstehen.
GS

 

Aus der Ausstellung